Luxury Reloaded: Was ist moderner Luxus?
Anlässlich des Launchs der Lufthansa Allegris First Class lässt Modejournalistin Julia Werner ihre Gedanken fliegen. Hier geht sie der Frage nach, was Luxus heute bedeutet. So viel sei verraten: Mit viel Geld allein hat moderner Luxus nichts zu tun
Karl Lagerfeld sagte einmal: “Der Höhepunkt des Luxus ist, nicht nach dem Preis zu fragen.” Das genaue Gegenteil zum Volksmund, der sich selbst gern tröstend zuflüstert, wahren Luxus könne man nicht kaufen. Stellt sich die Frage, was Luxus heutzutage bedeutet. Und hat er ein Preisschild?
Es lässt sich nicht leugnen, dass sich das Luxusgefühl mit etwas mehr Budget leichter einstellt. Das wird wohl jeder Lufthansa First-Class-Gast unterschreiben. Dennoch ist es kein Zufall, dass der Begriff Luxus umso spiritueller aufgeladen wird, je größer die materiellen Ressourcen sind. Besonders erfolgreiche Menschen betonen gern, dass Zeit ihr ultimativer Luxus sei, oder die Freiheit, Nein zu sagen. Allerdings ist dieses Privileg wiederum an eine gewisse ökonomische Autonomie gebunden.

Trotzdem: Nur weil etwas teuer ist, verdient es nicht gleich den Titel des Luxuriösen. Der Begriff Luxus wird heutzutage an alle möglichen Dinge geheftet: an Hotels, Spas, Kosmetik und banalste Accessoires, die das Label immer seltener verdienen. So ist der Begriff zu einer Marketingformel verkommen – und zwar einer mit schlechtem Ruf, weil Luxus mit Imponiergehabe verbunden wird.
Vieles von dem, was wir heute als Luxusprodukt definieren, ist längst Massenware – anders sind die Milliardenumsätze der sogenannten Luxuskonzerne nicht zu erklären. Das Konzept ist so einfach wie problematisch: Ware jeder Art wird mit Kultur, Geschichte und Bedeutung angereichert, sogenannte Expert:innen bestätigen die Echtheit und ermitteln den vermuteten Sammlerwert. Und schon hat man ein modernes Luxusobjekt, zumindest aus kapitalistischer Sicht. Das Handwerk dahinter bestimmt schon lange nicht mehr den Wert. Besonders begabte Fälscher stellen mittlerweile Superfakes her, an denen selbst Spezialist:innen regelmäßig scheitern. Ein prominent platziertes Label bedeutet also nicht gleich Luxus.
Luxus: ein Weg der Herrschaft des Zwangsrationalismus zu entkommen
Professor Lambert Wiesing ist der erste Geisteswissenschaftler, der sich an eine philosophische Erklärung herantraute. Luxus ist für ihn keine Eigenschaft von Dingen oder Handlungen an sich, sondern entsteht erst durch eine private Erfahrung. Er zitiert dabei Friedrich Schiller, der schrieb, dass der Mensch, der sich allein von den Zwängen der Vernunft leiten lasse, nicht weniger als ein Barbar sei. Die Erfahrung des Luxus besteht laut Wiesing darin, etwas zu besitzen, das zwar einen Zweck erfüllt, sich darin aber nicht erschöpft. Irrational teuer, überflüssig oder aufwendig – aus Sicht des Autors ist so eine Luxuserfahrung die eigensinnige Befreiung aus der Herrschaft des Zweckrationalismus. Trotz statt Protz!
Und die kann in vielem liegen: von der irrsinnig anstrengenden Plattensammlerei, obwohl Musik jederzeit digital verfügbar ist, über die dick gewebte Kaschmirdecke, obwohl Wolle genauso gut wärmt, bis hin zur logistisch eigentlich völlig verrückten Segelyacht.

Die Außenwirkung ist für echten Luxus vollkommen irrelevant. Das wusste schon Coco Chanel, die gern Pelz oder Seide verwendete, und zwar am liebsten als nur für die Besitzerin zu spürendes Innenfutter eines Mantels. Dass in eleganter Schlichtheit automatisch etwas wahnsinnig Luxuriöses liegt, ist aber kein in Stein gemeißeltes Gesetz. Der Quiet-Luxury-Trend der letzten Jahre, der minimalistische Kamelhaarmäntel und dickfädige Kaschmirpullis propagierte, wurde schließlich schnell von High-Street-Modeketten in weitaus preiswerteren Materialien kopiert.
Ästhetik kann täuschen, das Gefühl hingegen, das einem ein Erlebnis oder ein Produkt verschafft, ist echt. Das kann ein Kleid sein oder ein Anzug, der so gut sitzt, dass man sich fühlt, als sei man darin geboren. Ein Wein, der ein Gericht auf magische Weise komplettiert. Ein Hotel, das sich wie der Ort anfühlt, nach dem man ein Leben lang gesucht hat.
Echten Luxus findet man nicht, er stößt einem eher zu, wenn man im Einklang mit der Welt ist, in der man sich gerade befindet. Das fühlt sich in diesem einen Moment so selbstverständlich und alternativlos an wie Wassertrinken. Das ist Luxus. Manchmal kostet er sagenhaft viel (oft), manchmal kostet er nichts (leider eher selten). Oder um es mit dem Soziologen Ernst Wilhelm Eschmann zu sagen: Das Überflüssige ist das zutiefst Notwendige, weil es der Wunsch der Freiheit ist.
Zur Person:
Die deutsche Autorin und Modejournalistin Julia Werner lebt in Athen. Sie arbeitete als stellvertretende Chefredakteurin für die Zeitschrift „Glamour“ und schreibt für die „Süddeutsche Zeitung“ eine Stilkolumne. Ihr Buch „For the Love of Bags“ über das liebste Accessoire der Frau, die Handtasche, erschien im teNeues-Verlag.
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